X

Entdecken

Momente (er)leben

Momente (er)leben

Das warme Wasser des roten Meeres umspülte sanft ihren Kopf. Zunächst zögerte sie. Doch als sie die Augen öffnete war sie überwältigt. Es war nicht nur das bunte Treiben von Fischen vor Korallen in allen Farben und Formen. Es waren auch nicht allein die Tiefen und Höhen vor leuchtend weißem Sand am Meeresboden. Es war das Licht, das alles miteinander verband. Alles schien in Einklang und klar. Sie stieß einen Freudenschrei ins Wasser aus. Ihre Augen und gleichsam ihr Geist konnten sich einfach nicht satt sehen. Sie schaute sich um. Das Riff war riesig.
Sie schwamm langsam vorwärts, denn sie wollte mehr.

In einiger Entfernung hatten Taucher ein Seil am Meeresboden befestigt das an der Oberfläche durch eine rote runde Boje - kaum größer als ein Ball - getragen wurde. Das Seil hatte im Abstand von 30 cm Knoten. An diesen zog sie sich ein Stück nach unten.
In ihr erwachte nun, da sich ihre Augen langsam an die Vielfalt neuer Eindrücke gewöhnt hatten, die Abenteuerlust.
Immer tiefer zog sie sich am Seil hinab. In einigen Metern verharrte sie kurz und schaute nach oben.
Nicht weit entfernt erkannte sie einen Jungen an der Oberfläche. Plötzlich wurde ihr klar wie tief sie eigentlich war. Sie hatte all ihre Luft verbraucht um abzutauchen. Ihr Brustkorb begann zu schmerzen. Panik verdrängte die eben noch so wunderbaren Gefühle. Während sie einen großen Schwimmzug in Richtung Oberfläche machte verstärkte sich das Kribbeln in ihren Armen. Nach weiteren drei Zügen war sie an der Oberfläche.
Noch während des letzten Schwimmzuges stieß sie alle Luft aus ihren Lungen. Als ihr Kopf aus dem Wasser schnellte nahm ihr Körper einen Atemzug der so tief und erfrischend war wie nie zuvor.
Erleichtert legte Sie sich auf den Rücken und ließ sich vom Meer tragen. 

„Der kommt nie zurück“

Sie hob den Kopf und schaute sich um.
Etwa 5 Meter neben Ihr sah sie einen Mann mit Taucherausrüstung, der augenscheinlich ebenfalls gerade aufgetaucht war. 

„Wer“ antwortete Sie.

„Na dieser Atemzug.“ sagte er lächelnd und schwamm dann zum nahegelegenen Steg.

Verwirrt aber immer noch erleichtert legte sie sich wieder zurück und atmete die frische Seeluft.
Doch die Worte des Mannes gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was hatte er bloß gemeint? Sie schaute zum Himmel. Er war strahlend blau und klar. Eine kleinere Wolke hatte sich gerade vor die Sonne geschoben. Als diese weiterzog blendete sie das helle Licht, so dass sie sich aufrichten musste. Sie schaute sich um.
Für einen kurzen Moment hatte sie wieder das gleiche überwältigende Gefühl wie vor einigen Minuten, als sie das Riff zum ersten Mal sah. Im Meer spiegelte sich die Sonne - bewegt von der leichten Unruhe des Wassers. Am nahen Strand wiegte der Wind bedächtig die Blätter der Palmen. Kleine Wellen spülten an den Strand. Sie nahm alles war. Fast kam es ihr vor, als wäre alles nur ein Film.
Sie spürte wie sie wacher wurde. Ihre Schultern hoben sich. Ihre Muskeln zuckten leicht und rhythmisch während ihre Haut zu spannen begann.
Was war los? „Ich friere.“ Ein Lächeln überkam ihr Gesicht. Sie erinnerte sich an das Lächeln des Mannes.

Sie verbrachte den Nachmittag am Strand und obwohl nichts aufregendes geschah schien ihr irgendetwas verändert. Sie fühlte sich wach und erfrischt, nahm deutlich war was geschah. Auch Kleinigkeiten die ihr sonst verborgen blieben.

Später als sie in ihr Hotelzimmer zurückgekehrt war und unter der Dusche stand hörte sie auf einmal wieder die Stimme des Mannes und sie musste über seine Worte nachdenken. „Der kommt nie zurück!“ Was meinte er bloß? Plötzlich verstand sie: Dieser eine Atemzug war einmalig so wie er war. Ich hätte ertrinken können. Ich habe noch unter Wasser alle Luft ausgeatmet um sofort einatmen zu können. 

Fasziniert atmete Sie noch einmal ein, hielt kurz inne und tief wieder aus.
„Auch der kommt nicht zurück.“ Das Lächeln des Mannes spiegelte sich in ihr.

Sie spürte, wie das warme Wasser von ihrem Kopf, über die Schultern und Arme herunterlief.
Sie schaute auf ihre Hände.
Das Wasser fiel von ihren Fingerspitzen auf den Boden. In der Dusche breitete sich der Wasserdampf aus und in ihr ein Gedanke. „Komisch – das gleiche Wasser. Aber einmal fällt es nach unten und einmal steigt es wie von selbst auf.“

 

Atme ein, atme aus.
Die Vergangenheit ist vergangen.
Die Zukunft kommt vielleicht nie.
Nur der jetzige Augenblick ist real.
Und im Moment in dem wir dies erkennen ist dieser schon wieder Vergangenheit.
Wenn wir das jetzt und hier zulassen beginnt das Erwachen;
und wir fangen an den Moment zu (er)leben.

Nächster Ich sah mich steh'n
Drucken
Kategorie: Geschichten

Orte

Das Besondere wartet überall auf Dich. Doch Du kannst nicht planen es zu finden. Lass Dich einfach treiben. Vertraue auf Deinen Bauch. Er zeigt Dir den Weg. Entspanne, lass Dich von ihm leiten und genieße.

No content

A problem occurred while loading content.

Vorheriger Nächster
solarmovie